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Veränderungen implementieren

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Veränderungen auslösen – aber wie ?

Ein Kommentator auf LinkedIn hat in Bezug auf meinen letzten Beitrag (22.01.2021 – Probleme in der Kommunikation) die Frage aufgeworfen, ob und wie man denn in den von mir skizzierten über lange Jahre gewachsenen Strukturen Veränderungen auslösen kann, insbesondere dann, wenn man als „Externer“ vor dieser Aufgabe steht. Diese Frage ist elementar und daher unterbreche ich meine Serie über das projektgetriebene Geschäft, um meine Gedanken hierzu als Diskussionsgrundlage niederzulegen.

Ich denke, dass wir in den Unternehmen zwei Formen von Veränderungen vorfinden. Diese möchte ich zunächst unterscheiden und zur zweiten Variante wichtige beeinflussende Faktoren beschreiben.

 

Der Klassiker: Veränderung vorgegeben durch die Hierarchie

Diese insbesondere für große Organisationen typische Form hat als Objekt meist die Intension ein neues Werkzeug, einen neuen Prozess, eine gewünschte Verhaltensänderung oder eine neue Kultur in Teilorganisationen und Bereichen einzuführen.

Solche Veränderungen werden entweder ähnlich wie ein „Produkt“ hinzugekauft oder an strategisch wichtiger Stelle als ein solches entwickelt und anschließend ausgerollt. Ein wesentliches Merkmal ist, dass die Betroffenen nicht oder nur marginal in die Entwicklung der Veränderung eingebunden waren.

Veränderungen dieser Art werden von „Oben“ aufoktroyiert und sind, obwohl im „Produkt“ alle wichtigen Aspekte der Veränderung und des Veränderungsprozesses scheinbar genau definiert enthalten sind (wie z.B.: Grund, Lösung, Funktion, Zielgruppen, Ablauf der Einführung usw.), sehr schwer erfolgreich einzuführen. Bedingt ist dieses u.a. darin, dass diese Lösung die sozialen Systeme, in denen die Betroffenen arbeiten, außer Acht lässt. Es geht oft soweit, dass die Veränderung in der Sprache der „Veränderungsentwickler“, nicht aber in der Sprache der „Betroffenen“ kommuniziert wird. Oft wird diese Sprache in der Arbeitswirklichkeit der Mitarbeiter weder gesprochen noch verstanden. In der Folge werden die betroffenen Mitarbeiter inhaltlich emotional nicht angesprochen. (z.B.: die Management-Speech vs. IT-ler Speech: „Die da oben mit ihrem Management-Bullshit..“)

Damit fehlt dem „Produkt“ die emotionale Beteiligung der betroffenen Mitarbeiter, die wesentlich ist, um die Veränderung schnell zu einem Erfolg zu führen.

Solche im Sinne der Veränderung positiven Emotionen müssen im Rahmen der Einführung erst geschaffen werden. Das ist schwierig. Meist lösen solche „Produkte“ und deren Kommunikation eher Emotionen aus, die in Widerstand münden, zumal im Vorfeld über gut funktionierende informelle Kanäle, wie dem „Flur-Funk“, sich bereits Informationen verbreitet haben, aus denen Ängste entstanden sind.

Die Umsetzung von dieserart vorgegebenen Veränderungen überlasse ich gerne Kollegen, die sich auf solches als professionelle Changemanager spezialisiert haben und die neben dem entsprechende Know-How auch viel Erfahrung dazu mitbringen. Meine Hochachtung vor jedem, der in diesem Feld Erfolge erzielt, die dann auch nachhaltig positiv wirken. Viele, der in dieser Art implementierten Veränderungen, scheitern nicht am Inhalt, sondern an den im Zuge der Einführung entstehenden Widerständen.

Mein alternativer Ansatz

Die Beauftragung eines „Externen“, sei es als Berater, als Interim-Manager oder durch die Einstellung einer neuen Führungskraft von außen, geht meist mit der Wahrnehmung eines Missstandes einher.

Im ersten Schritt versuche ich den oder die Missstände zu verstehen. Dabei ist es relevant, die Sicht aller Ebenen des Unternehmens darauf kennenzulernen, deren wahrgenommene Relevanz und auch die vermuteten Ursachen. Meist zeigt sich hier schon, dass die vermuteten Ursachen vielfältig sind und einige Ursachen leider auch bereits schon „personalisiert“ wurden. („wenn der seinen Job machen würde… / Wenn die uns mal zuhören würde .. / etc.).

In einem zweiten Schritt geht es nun darum, wenn nötig, die Relevanz auf ein gewünschtes Level in der Wahrnehmung aller zu heben und anschließend Ziele und Lösungswege zu entwickeln, die von der Mehrheit als tragfähig wahrgenommen werden.  Für deren Umsetzung sind dann alle Grundlagen vorhanden.

Faktoren

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Möglichkeit solche Veränderungen auszulösen. Drei wesentliche möchte ich hier ansprechen:

Wie wird die Situation wahrgenommen

Wesentlich ist die Wahrnehmung der Situation durch die im System bereits Tätigen. Wird die Situation nur als unbefriedigend oder gar schon als existenzbedrohend empfunden? Löst sie bereits Ängste aus?  Oder ist der Wunsch nach Veränderung nur wage als Option vorhanden, weil alles noch als sicher und überwiegend positiv empfunden wird? Wird eine Veränderung eher als Risiko, denn als Chance gesehen? Besteht im Grundsatz die Bereitschaft zur Veränderung auch über die sachliche Ebene hinaus oder ist die Grundtendenz das Bewahren des Überkommenen?

Eine emotional wahrnehmbare Visualisierung der Probleme, das Aufzeigen der Folgen und der schon vorhandenen Indikationen hilft, die Mitarbeiter dazu zu animieren, sich für eine Lösung der Probleme zu engagieren.

Wie kann dieses geschehen?


Ein Beispiel: Bei einem mittelständischen Unternehmen im Bereich der Lieferung von Sondermaschinen für die Bauindustrie kam es sehr häufig  zu Verzögerungen bei der Auslieferung. Diese hatten terminliche und finanzielle Folgen für die Kunden der Unternehmens, die das Unternehmen kompensieren musste. Außerdem sprach sich diese Unzuverlässigkeit am Markt herum, so dass die Anzahl der Bestandskunden rückläufig wurde. Beides war zwar in der Belegschaft bekannt, wirkte sich aber noch nicht auf den einzelnen Mitarbeiter aus.

Der Geschäftsführer zeigte auf einer Mitarbeiterversammlung in Form einer Präsentation die Ergebnisse der letzten 10 Projekte und präsentierte die dabei aufgetretenen Mehrkosten in für die Mitarbeiter erfühlbaren Objekten („im Projekt x hatten wir Mehrkosten von fast 360.000€, das entspricht einem Einfamilienhaus mit Schwimteich und einem gebrauchten Porsche 911“ ), wobei er beides mit entsprechenden Bildern hinterlegte. Nach dem 10-ten Projekt hatte er im Rahmen der Präsentation eine „kleine Siedlung“ gebaut, in der viele neue PKW standen. Im Gegensatz zu den typischen kaufmännischen KPI war dieses für die Mitarbeiter verfahrbar und führte zu einer Änderung des Umganges der Mitarbeiter mit diesen Problemen. Diese bekamen erstmals ein Gefühl darüber, welche Verluste der derzeitige Usus in der Abwicklung bedeutete.

Wie ist die Position des „Externen“

Der zweite Faktor ist ebenso wichtig. Was löst der Externe für Emotionen aus? Mit welchem Bild wurde er angekündigt, wie wird er wahrgenommen? Wie authentisch interagiert er mit dem Team? Nimmt er die angekündigte Rolle wahr und integriert er sich in Wahrnehmung dieser Rolle in das Team? Wird er als ehrlich empfunden, oder werden ihm irgendwelche versteckten Intensionen und Aufträge unterstellt? Wirkt er unterstützend und wird er als Hilfe empfunden oder sieht man in ihm eher den Eindringling oder Besserwisser? Hier ist Geschick auf der kommunikativen Ebene erforderlich.

Der „Externe“ sollte sich bewusst sein, dass er immer in ein bestehendes soziales System hineinkommt. Aufgrund dessen Historie haben die bereits im System Arbeitenden erheblich mehr Wissen über dieses System als er. Er sollte dieses Wissen respektieren und diesem Wissen Anerkennung zollen. Dabei darf er nicht den kritischen Blick verlieren. Aber auch das Erkennen von Schwächen, Umständlichkeiten und Widersprüchen sind wertvolle Informationen, da sie möglicherweise Ansatzpunkte für die Veränderung bieten.

Das bestehende soziale System wird jedoch schon allein durch die Existenz des „Externen“ beeinflusst. In welcher Form, in welcher Richtung und mit welcher Kraft dieses Veränderungen auslöst, liegt im Handeln des „Externen“ und dessen Wahrnehmung.

Woher kommt der Lösungsansatz

Der dritte Faktor ist der Ansatz der Lösung. Wie oben bereits beschrieben wird insbesondere in größeren Unternehmen die Lösung an einer Stelle vorgedacht, entwickelt und entschieden. Anschließend wird sie an anderer Stelle den Kollegen aufoktroyiert. Um eine Chance auf Erfolg zu haben, sind hoch performante Change-Management-Prozesse erforderlich. Diese benötigen viele Ressourcen und vor allem Zeit.

Nach meiner Überzeugung funktionieren Lösungen und Veränderungen wesentlich besser, wenn es gelingt die Mitarbeiter hinter die Ansätze zu bringen. Dazu ist die Integration der Mitarbeiter in die Lösungsfindung förderlich.

Warum diese Voraussetzung nicht an den Anfang der Reise stellen?

Lassen Sie mich ein Bild nutzen:

Anstelle den Mitarbeitern das Verkehrsmittel und den genauen Weg der Reise zu dem exakt-vorbestimmten Ziel vorzugeben, ohne Rücksicht darauf, ob sie das Verkehrsmittel und den Weg mögen, kann man auch definieren warum und wo in etwa man hinreisen muss, um dann gemeinsam den besten Weg und das ideale Verkehrsmittel festzulegen. Um also ein Bild des schiefen Turmes von Pisa zu machen, muss meine Unterkunft nicht zwangsweise in Pisa liegen. Eine Reise nach Livorno, Luca oder Capannoli bietet ebenfalls diese Möglichkeit, kann aber ggf. entspannter, einfacher und preiswerter sein.  

Lösungen, die so gefunden werden, beinhalten die Unterstützung der Mitarbeiter und lösen Engagement und Kreativität aus.

Sicherlich gibt es noch weitere Faktoren. Viele davon sind Erfahrungen der näheren oder ferneren Vergangenheit oder bestehenden Wertesystemen geschuldet. Eine vollständige Übersicht zu geben ist nicht möglich. Darum möchte ich mich heute auf die drei beschriebenen Faktoren beschränken.

Wie beurteilen Sie meine Sicht? Sehen Sie andere wichtigere Einflussfaktoren? Lassen Sie uns diskutieren.

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